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Sitzen und unsere ursprüngliche Natur sehen – den Ursprung realisieren.

Shihfu Hsin Tao • Dez. 22, 2021

Hsin Tao: Lehrrede Dezember 2021


Die Nonnen und Mönche auf dem Ling Jiou Mountain nehmen jedes Jahr an einem längeren Chan Retreat teil, was eine sehr seltene Gelegenheit und eine kostbare Zeit ist, die alle wirklich schätzen sollten. Was ist es, das wir während dieser kostbaren Zeit tun sollten? Es ist unsere Herzensnatur zu realisieren, was bedeutet, unsere Herzensnatur zu verstehen, unser Herz zu erleuchten und unsere wahre Natur zu sehen.  Wie erleuchten wir das Herz? Wie können wir das Herz sehen? Wir brauchen eine Methode dazu – nämlich die vier Schritte. Die vier Schritte helfen uns, unsere Herzensnatur ganz zu erforschen und zu verstehen, und dabei gute Fortschritte zu machen.
Vielleicht fühlt ihr euch zwei Tage vor Anfang des Retreats ziemlich müde und schläfrig, aber versucht, auch diese seltene Gelegenheit dadurch wahrzunehmen, dass ihr Achtsamkeit entwickelt. Während des Sitzens werden solche körperlichen Reaktionen wie Muskelkater, eingeschlafene oder geschwollene Gliedmassen, Schmerzen oder Juckreiz auftreten.  Und wenn sich unsere Poren öffnen, wird sich unser Körper juckend, heiß, und verschwitzt anfühlen.  Aber versucht, euch mit dem Geist des Alltäglichen darauf einzustellen und euch nicht ständig hin-und-herzubewegen wie ein Krabbeltier.
Wir müssen gelassen sitzen und unsere ursprüngliche Natur sehen, den Ursprung realisieren. Sitzen und unsere ursprüngliche Natur zu sehen bedeutet, Chan zu erforschen. Was ist diese Erforschung? Wer lauscht? Wer sitzt? Lauscht still, lauscht ganz in Frieden, lauscht auf den Ton der Stille.  In diesen wenigen Tagen müssen wir sitzen und unsere ursprüngliche Natur auf diese Weise sehen, nämlich indem wir immer und immer wieder auf diese ursprüngliche Natur lauschen. Der Kreislauf von Leben und Tod ist sehr mühsam, sehr schmerzhaft. Wenn wir unser ursprüngliches Gesicht nicht realisieren, wissen wir wirklich nicht, wie lang wir uns in diesem Rad der Wiedergeburten befinden werden, ins Leiden eingetaucht, wo Denken Leiden ist, Nicht-Denken ebenfalls Leiden ist, wo Geburt, Alter, Krankheit und Tod schmerzhaft sind, wo die fünf Aggregate (Körper, Empfindungen, Gedanken, Impuls und Bewusstsein) lodern und schmerzhaft sind. Dieses Leiden hängt mit unserer Unwissenheit zusammen.
In Wirklichkeit sind wir ursprünglich vollkommen, ohne dass da irgendetwas fehlen würde. Das, wo ursprünglich nichts fehlt, was ursprünglich vollkommen ist, ist der jetzige Moment. Aber wir sind so damit beschäftigt, alle möglichen Gedanken zu denken, so beschäftigt, unser tägliches Leben zu leben, so mit allen möglichen Dingen beschäftigt, dass wir keinerlei Möglichkeit haben, unser ursprüngliches Gesicht zu erkennen. Unser ursprüngliches Gesicht strahlt jeden Tag hell, so wie es ist, ohne sich jemals zu bewegen. Warum empfinden wir Leben und Tod auf diese Weise – als vergänglich? Warum drehen wir uns im Rad des Samsara? Wo sind wir blind? Wo halten wir an etwas fest? Entspannt euch und lasst los, lauscht still, lauscht, ohne an etwas festzuhalten, lauscht auf die Stille in allem.
Dharma Master Hsin Tao (übersetzt von Maria Reis Habito)

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